Trockenfallen auf dem Wattenmeer: Segel-Erlebnis in Friesland

Segeln und trockenfallen Wattenmeer Friesland

„Kaffee?“, fragt mich eine Dame mit einer Schürze. Ich sitze auf dem Deck des Segelschiffs Larus, das noch im Hafen von Harlingen liegt. Ich habe gerade meinen Rucksack in der Kabine verstaut und nun heißt es warten, bis alle an Bord sind und wir losfahren können. Wenig später werden die Taue gelöst und wir segeln aufs Wattenmeer hinaus. So beginnen die 24 Stunden auf dem Wattenmeer. In der ersten Stunde herrscht auf dem Segelschiff eine gewisse Spannung. Was wird in den nächsten 24 Stunden passieren? Das weiß nur die Besatzung. Und diese Besatzung besteht aus Skipper Tom und Matrose Ramses. Unterstützt werden sie im kulinarischen Bereich von den beiden Damen von Koken op Zee und bei der Wattwanderung von Remco und Hilde vom Wattenverein. Damit bleibt noch Platz für etwa zehn Gäste. Eine bunt zusammengewürfelte Mannschaft, die sich in den nächsten 24 Stunden an Bord eines Segelschiffs befinden wird.

24 Stunden segeln auf dem Wattenmeer in Friesland

Oder, na ja, jetzt sind es noch 23 Stunden. Wer hilft beim Ziehen der Schot?“, ruft Ramses in den Wind. Wer will, kann auf dem Larus mit anpacken. Leinen anbringen, Segel hissen, Knoten machen… Es gibt immer etwas zu tun. Und zwischendurch gibt es Zeit, an Deck frische Luft zu schnappen und die Sonne zu genießen. Und um die anderen Gäste kennen zu lernen. Je weiter wir ins Wattenmeer segeln, desto weniger Netz haben wir – bis wir irgendwann gar keins mehr haben. So verschwinden die Handys bald in der Kabine und es bleibt Zeit für andere Dinge. Quatschen über Segelerfahrungen zum Beispiel, aber auch über ganz andere Themen, sodass es sich innerhalb kürzester Zeit anfühlt, als würden wir uns schon viel länger kennen.

Leute, ich habe auf die falsche Tabelle geschaut“, lacht Skipper Tom. “ Trinkt also noch ruhig eine Tasse Kaffee und genießt den Sonnenschein, denn das Wasser wird anderthalb Stunden später weg sein, als ich dachte.“ Mittlerweile liegen wir vor Anker und einige von uns blicken unruhig ins Wasser. Okay, den Meeresboden könnten wir also gar noch nicht sehen. Wir setzen uns einfach noch mal in die Sonne. Doch schon bald können wir in der Ferne sehen, wie das Wattenmeer trocken fällt. „Schau mal, wo die Vögel fliegen, ist es zuerst trocken“, sagt Remco, Wattführer bei der Waddenvereniging. Einer der Gäste hat ein Teleskop und damit können wir genau sehen, welche Vögel es sind: Knutte, kleine braune Strandläufer. Ich tausche meine Wanderschuhe gegen Turnschuhe, und als ich zurück an Deck komme, wirft Skipper Tom gerade die Leiter aus. Los geht’s auf dem Watt!

Wanderung auf dem Watt

Plumps! Ich steige in die dünne Wasserschicht. Gut, meine Socken sind nun auch nass, aber dann ist es ab jetzt sowieso egal. „Ich sehe da drüben etwas Interessantes, kommt ihr mit?“, fragt Hilde, ebenfalls von der Waddenvereniging und zusammen mit Remco unser Wattführer für heute. Was sie sieht, scheint ein Stück Torf zu sein.“ Ja, hier gab es einmal einen Urwald. Die Pflanzen von damals haben sich im Laufe der Jahre in Torf verwandelt, und jetzt kommt manchmal eine solche dicke Platte zum Vorschein,“ erzählt Hilde.

Wir gehen weiter über die scheinbar endlose Ebene. Die Sonne und die Wolken spiegeln sich auf dem Boden des Wattenmeeres. Wenn man hier wandert, könnte man meinen, es sei ein großes, kahles Nichts. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Das Wattenmeer ist die Kinderstube der Nordsee“, sagt Remco, „ein Rast- und Nahrungsgebiet für Millionen von Zugvögeln und ein Nistgebiet für Tausende von Vögeln, Robben und viele andere Arten. Manchmal muss man genau hinsehen oder ein bisschen graben, aber dann sieht man, dass der Meeresboden voller Leben ist.“ Er gräbt im dunklen Schlamm und zeigt uns die roten Kotpillenwurme und verschiedene Algensorten.

Wir wandern ein paar Stunden über das Watt und graben hier und da etwas aus dem Boden. Bis Skipper Tom vom Schiff aus gestikuliert, dass wir zurückkommen müssen: „Es herrscht Flut. In der Ferne sieht man schon, wie das Wasser zurückkommt, und auf so einer Ebene geht das schnell.“ Weniger als eine Stunde später plätschert das Wasser bereits gegen das Schiff und können wir weiter aufs Wattenmeer segeln. In der Zwischenzeit wärmen wir uns in der Hütte an einer frisch zubereiteten Mahlzeit.

Kurz vor Sonnenuntergang gehe ich mit ein paar anderen an Deck. Es ist einer der schönsten Sonnenuntergänge, die ich je gesehen habe. Das Schiff schwimmt schon wieder, aber in der Ferne ist das Wattenmeer noch trocken und der bunte Himmel spiegelt sich darin. „Wollt ihr einen Nachtisch?“, ruft jemand aus der Kombüse. Erst dann merken wir, dass wir unsere Finger vor Kälte kaum noch spüren können, und wir gehen schnell rein zu den Anderen.

Wo es noch richtig dunkel ist: Sterne gucken auf dem Wattenmeer

Nach dem Abendessen wird gelesen, geredet und es werden Spiele gespielt. Die frische Luft macht müde und manche gehen früh ins Bett. Ich nicht. Für jemanden, der in der Randstad, in der Nähe einer Großstadt, wohnt und wegen der Lichtverschmutzung nachts keine Sterne sehen kann, ist die Dunkelheit hier am Wattenmeer faszinierend.

Ich ziehe mich wieder warm an und finde einen Mitstreiter: einen jungen Mann aus Belgien, der besser segeln lernen will und deshalb die 24 Stunden auf dem Wattenmeer mitmacht. Außerdem stellt sich heraus, dass er sehr sich mit Sternbildern auskennt. Dick eingepackt liegen wir auf dem Rücken auf dem Deck und blicken in das Universum.

Klischee, aber wahr: Je länger wir schauen, desto mehr Sterne sehen wir. Während wir anfangs nur die Körper der Zwillinge sehen, können wir später sogar entdecken, wo sie Händchen halten. „Und siehst du die drei da drüben in einer Reihe?“, fragt mein neuer Sternenfreund. „Das ist die Hüfte von Orion. Wenn du genau hinsiehst, kannst du auch den Bogen sehen, den er in der Hand hält.“ Das Rauschen des Wassers, das leichte Schaukeln des Segelschiffes, der frische Wind in unseren Gesichtern und dann diese Tausende von Sternen… Nach einer Weile spüren wir wegen der Kälte fast nichts mehr, sonst hätten wir noch stundenlang daliegen und zugucken können. „Bier?“ Wir lachen und lassen den Tag in der warmen Kombüse ausklingen.

Es gibt nur wenige Orte in den Niederlanden, an denen es so dunkel wird wie auf Wattenmeer. Dunkelheit ist nicht nur wichtig – künstliches Licht stört Ökosysteme und ist schlecht für die Gesundheit von Mensch und Tier – sie ist auch sehr cool. Bei klarem Himmel kann man auf dem Wattenmeer die Milchstraße oder sogar das Polarlicht deutlich erkennen. Am niederländischen Wattenmeer gibt es viele besondere Erlebnisse zum Thema Dunkelheit.

Die Segel hissen, zurück nach Harlingen

Nach einer kurzen Nacht stehe ich am nächsten Morgen mit ein paar Frühaufstehern an Deck. Dunkle Regenwolken ziehen links und rechts von uns über das Wattenmeer. Wir selbst spüren die ersten Sonnenstrahlen auf unseren Gesichtern. Als wir unter Deck ankommen, wird das Frühstück bereits vorbereitet. Wir helfen beim Eindecken der Tische und essen dann gemeinsam mit allen Seglern.

„Wer mag den Anker lichten?“ fragt Tom. Ich springe auf. Wir haben noch ein paar Stunden Segelzeit vor uns, und ich möchte jeden Moment genießen. Wir machen einen weiten Bogen über das Wattenmeer, bevor wir zurück in den Hafen von Harlingen fahren. Wir bekommen noch eine weitere Bonusstunde, weil der Wind langsam nachlässt. Das stört niemanden. Die 24 Stunden sind viel zu schnell vergangen, auch wenn es uns gleichzeitig so vorkommt, als wären wir schon ein paar Tage auf See gewesen.

Tipp: Schau dir vor oder nach der Segeltour Harlingen an. Das schöne friesische Hafenstädtchen entdeckt man am besten zu Fuß, z.B. mit der 11Fountains Wander-Route. Für eine Pause bietet sich Het Brouwdok an, eine Brauerei in einem ehemaligen Holzlager, direkt am Wasser. Gut Essen kann man im Eetcafé Nooitgedagt, das sich in einem der ältesten Lagerhäuser Harlingens befindet.

Du möchtest mehr von Friesland sehen? Lass uns doch beim Thema Sterne bleiben. Nur ein Katzensprung von Harlingen liegt das schöne Städtchen Franeker. Nicht umsonst trägt Franeker den Namen der Sternenstadt: hier gibt es das älteste funktionierende Planetarium der Welt. Und das ist nur einer der Gründe, um sich Franeker mal anzuschauen.

Franeker Innenstadt

FAQ – Segeln & trockenfallen auf dem Wattenmeer

Wo und wie kann man segeln und trockkenfallen auf dem Wattenmeer?

Die 24 Stunden am Wattenmeer sind bei der Historische Zeilvaart Harlingen buchbar. Diese Reise wird von April bis September angeboten.

Welche Kleidung eignet sich für die Segeltour?

Bei der Wahl deiner Kleidung solltest du den möglichen Wind und die Kälte berücksichtigen. Mehrere Kleidungsschichten und eine winddichte Jacke sind nützlich. An Bord trägt man am besten Schuhe mit Profil, für die Wattwanderung Turnschuhe, die nass werden können, oder eventuell Gummistiefel.

Wo wird während der 24 Stunden auf dem Wattenmeer übernachtet?

An Bord des Schiffes, in einer der Doppelkabinen.

Kann man seekrank werden, wenn man auf dem Wattenmeer segelt?

Auf dem Wattenmeer wird kaum jemand seekrank, weil man zwischen den Sandbänken fährt und es kaum Wellen gibt. Wenn du dennoch seekrank wirst, ist es am besten, an Deck zu sitzen und den Horizont anzuschauen. Falls erforderlich, bitte die Besatzung um Hilfe.

– Werbung/Transparenz: Für die 24 Stunden auf dem Wattenmeer wurde ich von Visit Wadden eingeladen. Der Enthusiasmus, den du im Blogbeitrag liest, ist zu 100% meiner.-

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.